Faszination Vulkan
Nisyros ist das jüngste bedeutende Vulkanzentrum Griechenlands. Sein ältestes Gestein ist etwas weniger als 160'000 Jahre alt, während sich dagegen das jüngste gerade eben auf 15'000 Jahre datieren lässt, also beinahe in die vorgeschichtliche Zeit. Zusammen mit Methana, Milos und Santorin zählt es zu den aktiven Vulkanen des Landes. All diese vulkanischen Zentren sind entlang eines Streifens von einigen Dutzend Kilometern Breite und 450 Kilometern Länge verstreut, der am Isthmus von Korinth beginnt und bei Nisyros endet.
NISYROS UND DIE VULKANE DER SÜDLICHEN ÄGÄIS
Da dieser Streifen die Form eines Bogens hat, auf dessen Bereich sich alle jüngsten vulkanischen Tätigkeiten konzentrieren, wird er als "der aktive vulkanische Bogen der südlichen Ägäis" bezeichnet.
Vulkan begann vor etwa 150'000 Jahren, kurz nach dem grossen Ausbruch von Kos, sich aus dem Meer zu erheben und einen Landkegel zu bilden. Die darauffolgenden Jahre hindurch lösten teils gewaltige Ausbrüche, teils schwächere vulkanische Aktivitäten sich gegenseitig ab.
Die Ausbrüche schleuderten geschmolzenes Gestein in die Luft, dass in Stücke zerbrach, abkühlte und wieder auf die Erde hinabfiel und so verschieden dicke Schichten von vulkanischer Asche bildete. Andere Male stiegen langsame Ströme flüssigen, geschmolzenen Gesteines durch Risse auf, füllten die Täler auf und bedeckten das Gebiet mit dichten, dicken Strömen von Lava. Gelegentlich stieg das Magma in einem zähflüssigen Strom zur Oberfläche auf und bildete Hügel, die sogenannten Lavadome. So bildete während den darauffolgenden 100'000 Jahre die Abfolge von Ascheschichten, Lavaströmen und Domen den klassischen Stratovulkan, einen grossen Vulkankegel über dem Meeresspiegel. Sein damaliger Durchmesser wird auf etwa sieben Kilometer geschätzt, seine maximale Höhe auf 600 Meter; ein zentraler Krater auf dem Gipfel war wahrscheinlich mit Wasser gefüllt und bildete so einen kleinen See. Eine Insel, die sich in ihrer Grösse und Gestalt nicht viel von Nisyros unterscheidet, wie wir es heute kennen.
DIE GROSSEN KATASTROPHALEN AUSBRÜCHE
Der erste grosse katastrophale Ausbruch fand nach einem Aussetzen der vulkanischen Aktivität vor etwa 25'000 Jahren statt. Innerhalb eines Zeitraumes von nur wenigen Tagen wurden insgesamt 8 Milliarden Tonnen geschmolzenes Gestein in die Athmosphäre geschleudert, wobei mehr als 20 Millionen Kubikmeter an Bimsstein und Asche erzeugt wurden. Die erreichten eine Höhe von mehr als 12 Kilometern, formten eine gewaltige Wolke und bedeckten die ganze Insel mit bis zu 15 Meter dicken Ascheschichten. Daraus bildete sich die geologische Formation, die wir als "unteren Bimsstein" bezeichnen. Der Gipfel des Vulkanes stürzte in die dreitausend Kubikmeter Hohlraum, der nach dem Austreten des Magmas unter der Insel zurückgeblieben war. So entstand die erste Kaldera von Nisyros.
Die daraufhin folgende Ruhepause von mehreren Jahrtausenden wird vor etwa 15'000 Jahren durch den zweiten katastrophalen Ausbruch unterbrochen. In den wesentlichen Punkten ähnelt dieser Ausbruch dem vorangegangenen. Erneut bedeckten 20 Milliarden Kubikmeter Bimsstein und Asche Nisyros, die entweder wie Regen vom Himmel herabfielen oder sich als dichte, rotglühende Gaswolken und Schlacke die Hänge des Vulkans hinabwälzten. Wiederum stürzte der Gipfel des Vulkanes in die durch das Austreten des Magmas entstandene leere Kammer unter der Insel ein und es entstand die Kaldera von Nisyros wie wir sie heute kennen. Der Ausbruch dauerte nur wenige Tage; die entstandenen Ascheablagerungen bilden die geologische Formation, die wir als "oberen Bimsstein" bezeichnen, d.h. den weissen Bimsstein und die Asche, die heute den nördlichen Teil der Insel bedecken. Das zähflüssige und gasarme Magma, das nach dem Ausbruch in den unteren Schichten der Magmakammer zurückgeblieben war, stieg nach dem Hauptausbruch viele Jahrhunderte hindurch weiter stetig nach oben und bildete dabei die sogenannten postcalderischen Dome: die Hügel Boriatikos, Nifios, Profitis Ilias und Trapezina, die etwa zwei Drittel des Kraters ausfüllen. Ausserhalb dieser bildet das Magma die Dome von Karaviotis, und so nimmt Nisyros die Gestalt an, wie wir sie heute sehen.
DIE HISTORISCHEN AUSBRÜCHE
Die Bildung der zentralen Dome war die letztemagmatische Tätigkeit, die auf Nisyros zu beobachten war. Keiner der Vulkanausbrüche, über die in den geschichtlichen Quellen berichtet wird, erzeugte geschmolzenes Gestein. Es handelte sich bei allen um hydrothermale Ausbrüche, die auf die Existenz extrem heissen Dampfes unter der Inseloberfläche zurückzuführen sind. Meeres- und Regenwasser sickert durch das Gestein der Insel und sammelt sich in den tiefen horizontalen Schichten an. Dort wird es durch die heissen Gase, die von dem darunterliegenden Magma aufsteigen und durch die durch das Gestein nach oben dringende Hitze des Magmas selbst erwärmt.
Alle Ausbrüche auf Nisyros, über die in historischer Zeit berichtet wird, waren von dieser Art. Die zwei ältesten und markantesten hydrothermalen Krater sind die Kaminakia- (oder Kaminia) Krater am Fusse des Abhanges der Kaldera unterhalb von Nikia. Beide weisen einen Durchmesser von gut 150 Metern auf. Der grösste und eindrucksvollste Krater ist der mit dem Namen Stephanos, welcher das gesamte Interesse der Touristen auf sich zieht, welcher als der Vulkan präsentiert wird. Er ist einer der grössten und am besten erhaltenen hydrothermalen Krater der Welt. Er hat einen Durchmesser von rund 330 Metern und eine Tiefe von rund 27 Metern. Neben dem Stephanos befindet sich ein kleiner Krater, bekannt als Mikros Stephanos (oder Andreas). Die meisten jüngeren hydrothermalen Krater liegen jedoch in dem Gebiet des Lophos, eines kleinen, postcalderischen Domes, der durch hydrothermale Ausbrüche im wahrsten Sinne des Wortes aufgelöst wurde. Hier befinden sich 6 gut erhaltene Krater. Logothetis ist der älteste Krater in diesem Gebiet, Megalos Polybotis dagegen mit einem Durchmesser von rund 300 mal 150 Metern der grösste; dieser stammt auch aus jüngerer Zeit als der Stephanos-Krater. An einigen Stellen wurde dieser Krater nach seiner Entstehung zu einem kleinen See, in dem sich 20 Meter dicke Sedimente ablagerten, nämlich die weiche, weisse Asche und die gelblichen Gesteinsschichten, die an den Wänden des Polybotis-Kraters anzutreffen sind, der sich in seiner Mitte befindet. Die letzte hydrothermale Aktivivität, über die auf Nisyros berichtet wird, ereignete sich im Jahr 1887, als der Mikros Polybotis-Krater entstand. Nach Berichten der Inselbewohner, die in den Schwefelminen arbeiteten, handelte es sich um einen Ausbruch allotriomorpher Gesteine mit einem starken Ausstoss von Dampf.
Textliche Auszüge von: George E. Vougiouskalakis, deutsche Übersetzung: Tobias Schorr, aus "Blaue Vulkane", Herausgegeben vom Regionalen Rat der Insel Nisyros.
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